Zivil-militärische Zusammenarbeit im Bevölkerungsschutz

(Bild: Bundeswehr/Mario Bähr)Ulm (lse) – Die sicherheitspolitische Lage, zunehmende Großschadensereignisse und Anforderungen an die medizinische Versorgung bei Krisen und Katastrophen rücken die zivil-militärische Zusammenarbeit in jüngster Zeit stärker in den Fokus. Bund und Länder haben in den vergangenen Jahren bestehende Strukturen überprüft und weiterentwickelt, um zivile und militärische Fähigkeiten besser aufeinander abzustimmen. Dabei scheint weniger der Aufbau neuer Institutionen als die Vertiefung vorhandener Kooperationsmechanismen im Mittelpunkt zu stehen.

Zivil-militärische Zusammenarbeit (ZMZ)? Mit diesem begriff wird in Deutschland das koordinierte Zusammenwirken staatlicher oder ziviler Organisationen mit militärischen Kräften der Bundeswehr in Bereichen der Landes- und Bündnisverteidigung, der Gefahrenabwehr, der Katastrophenhilfe und im Gesundheitswesen bezeichnet. Der Begriff umfasst alle Planungen, Vereinbarungen, Maßnahmen, Kräfte und Mittel, die Beziehungen zwischen zivilen Behörden, Einsatzorganisationen, wirtschaftlichen Akteuren und der Bundeswehr unterstützen, erleichtern oder fördern und damit die Umsetzung gemeinsamer Unterstützungsleistungen ermöglichen.

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Gesamtsystem zivil-militärischer Fähigkeiten

Für Fachkräfte des Katastrophenschutzes und der Notfallmedizin gewinnt die zivil-militärische Zusammenarbeit insbesondere im Gesundheitswesen zunehmend an Bedeutung. In der aktuellen sicherheitspolitischen Lage gilt es, die medizinische Versorgung großer Fallzahlen von Verletzten nicht allein über zivile Ressourcen sicherzustellen, sondern diese in ein gemeinsames Gesamtsystem mit militärischen Komponenten einzubinden. Die Zusammenarbeit betrifft dabei sowohl die präklinische Versorgung und Transportleistungen als auch klinische Behandlungsprozesse. In Übungs- und Planungsformaten werden gemeinsam mit zivilen Rettungsdiensten, Hilfsorganisationen und Krankenhäusern Strukturen entwickelt, die eine koordinierte Behandlung und Verteilung von Verletzten im Krisenfall sicherstellen sollen. Dabei ist die Abstimmung zwischen strategischer Planung, taktischer Durchführung und operativer Versorgung ein zentrales Element.

(Bild: Bundeswehr/Jana Neumann)Die institutionellen Grundlagen zivil-militärischer Zusammenarbeit sind in mehreren Gremien und Strukturen verankert. Auf Bundesebene arbeitet das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) gemeinsam mit dem Bundesministerium des Innern, dem Bundesministerium der Verteidigung, den Ländern und weiteren Akteuren an Konzepten, die zivile Verteidigungs- und Unterstützungsleistungen mit militärischen Kompetenzen verknüpfen. Dabei bildet die zivile Alarm- und Gefahrenabwehrplanung einen Bestandteil operativer Vorbereitungen. Parallel dazu bestehen auf Ebene der Bundeswehr eigenständige CIMIC-Strukturen (Civil-Military Cooperation), die die operative Kooperation zwischen militärischen Kommandos und zivilen Partnern sicherstellen. In territorialen Netzwerken fungieren Verbindungskommandos und Beauftragte der Bundeswehr für zivil-militärische Zusammenarbeit als Ansprechpartner zu zivilen Entscheidungsträgern und Stäben bei Großschadenslagen.

Zivil-militärische Zusammenarbeit praxisnah erproben

In Übungen zur Verwundetenversorgung, wie sie vom Sanitätsdienst der Bundeswehr organisiert werden, werden Aspekte zivil-militärischer Zusammenarbeit praxisnah erprobt. Dabei werden Szenarien simuliert, in denen eine große Zahl Verwundeter über strategische Transporte in Empfang genommen, gesichtet und auf zivile Krankenhäuser verteilt wird. In diesen Szenarien übernehmen bundeswehrinterne und zivile Rettungskräfte sowie Hilfsorganisationen wie ASB, DRK, Johanniter und Malteser gemeinsam medizinische Sichtung, Weitertransport und Versorgung. Das BBK übernimmt in solchen Abläufen koordinierende Aufgaben, um die Verteilungskapazitäten und Transportketten zu steuern. Ziel dieser Übungen ist es, Schnittstellen zu reduzieren, Koordinationsprozesse zu erproben und vorhandene Ressourcen in einer gesamten Rettungskette effizient zu nutzen.

(Bild: Bundeswehr/Patrick Grüterich)Die Kooperation zwischen zivilem Gesundheitswesen und militärischen Einheiten berührt zudem rechtliche und organisatorische Rahmenbedingungen. Im Inland darf die Bundeswehr im Katastrophenfall oder bei besonders schweren Unglückslagen nur auf Anforderung der zuständigen Behörden Amtshilfe leisten, wobei die militärischen Befugnisse gegenüber Zivilisten begrenzt sind. Gleichzeitig müssen zivil-militärische Strukturen in der Friedenszeit regelmäßig geübt und weiterentwickelt werden, um im Spannungs- oder Verteidigungsfall belastbare Abläufe sicherzustellen. Die Erfahrung aus jüngeren großen Schadenslagen und sicherheitspolitischen Krisen zeigt, dass eine enge Abstimmung der zivilen und militärischen Akteure sowohl in der präventiven Planung als auch in der operativen Umsetzung zentral für die Bewältigung komplexer Einsatzlagen ist.

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