Erste Hilfe bei anaphylaktischen Notfällen

(Bild: WavebreakMediaMicro - stock.adobe.com)Hamburg (lse) – Der Welt-Anaphylaxie-Tag am 21. November soll die Aufmerksamkeit auf ein oft unterschätztes Notfallgeschehen lenken.

Schwere allergische Reaktionen können innerhalb weniger Minuten lebensbedrohliche Ausmaße annehmen. Für Notärzte und Notfallsanitäter ist das Szenario vertraut, doch aktuelle Daten zeigen, dass große Teile der Bevölkerung die Symptome und notwendigen Maßnahmen nicht sicher einordnen können.

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Nach einer im Auftrag des Arzneimittelherstellers ALK-Abelló Arzneimittel durchgeführten bundesweiten Umfrage kennen 64 Prozent der Befragten, die den Begriff Anaphylaxie einordnen können, die richtigen Schritte im Ernstfall dennoch nicht gut. Zudem fühlen sich 58 Prozent unsicher im Umgang mit einem Adrenalin-Autoinjektor.

Die Zahl der stationär behandelten Anaphylaxien hat nach Angaben des Unternehmens zwischen 2013 und 2023 um rund 70 Prozent zugenommen und lag zuletzt bei etwa 10.000 Fällen pro Jahr. Fachleute bewerten Aufklärung deshalb als dringend geboten. Auch die Bevölkerung sieht laut der Erhebung Handlungsbedarf: 67 Prozent halten Informationen zu Erster Hilfe bei einer Anaphylaxie für äußerst wichtig.

Symptome einer Anaphylaxie

Eine Anaphylaxie ist eine akut einsetzende, den gesamten Körper betreffende Reaktion des Immunsystems. Innerhalb kurzer Zeit werden große Mengen Histamin freigesetzt. Die Folgen können ein rapider Blutdruckabfall, eine Erweiterung der Blutgefäße sowie ein Zusammenziehen der glatten Muskulatur sein, insbesondere der Bronchialmuskulatur. Betroffen sind häufig mehrere Organsysteme wie Haut, Atemwege, Magen-Darm-Trakt oder Kreislauf. Symptome können sich in Form von juckenden Hautveränderungen, Übelkeit, Atemnot oder Bewusstseinsstörungen äußern. Erste Anzeichen treten meist binnen Minuten nach Kontakt mit Nahrungsmitteln, Insektengiften oder Medikamenten auf. Laut der Erhebung kennen jedoch 54 Prozent der Deutschen diese Symptome nicht zuverlässig.

Fachärztinnen und Fachärzte betonen die Bedeutung sofortiger Maßnahmen. Adrenalin gilt nach den medizinischen Richtlinien als Mittel der ersten Wahl. Es kann über einen Autoinjektor oder – als neue Therapieform – als nasales Präparat verabreicht werden. Die Charité-Allergologin Margitta Worm weist darauf hin, dass rasches Handeln über den Verlauf entscheidet. Atemnot, Blutdruckabfall oder Bewusstlosigkeit könnten sehr schnell eintreten, weshalb Umstehende die Lage richtig einschätzen und ohne Verzögerung intervenieren müssten. Unsicherheiten in der Bevölkerung beträfen oft den Zeitpunkt der Gabe oder die Angst vor Fehlanwendungen. Die zugelassene nasale Variante könnte nach Einschätzung der Expertin Hemmschwellen reduzieren.

Erste Hilfe bei einem anaphylaktischen Schock

Ein anaphylaktischer Notfall erfordert zudem die umgehende Alarmierung des Rettungsdienstes. Die leitliniengerechte Lagerung der Betroffenen richtet sich nach der Symptomatik: Flachlage mit angehobenen Beinen bei Kreislaufproblemen, aufrechte Haltung bei starker Atemnot, stabile Seitenlage bei Bewusstlosigkeit. Im Verlauf kann eine erneute Gabe von Adrenalin notwendig werden, wenn sich der Zustand nicht binnen kurzer Zeit bessert. Bei eintretendem Herzstillstand ist eine Reanimation einzuleiten.

Emotionale Überforderung spielt ebenfalls eine Rolle. Personen mit eigener schwerer Allergie oder bereits erlebten Anaphylaxien geben laut Umfrage häufiger an, sich im Ernstfall wie gelähmt zu fühlen. Während knapp drei von zehn Befragten ohne entsprechende Vorerfahrung so antworteten, lag der Anteil unter Betroffenen deutlich höher. Diese Unterschiede verdeutlichen, dass selbst Aufgeklärte in Stresssituationen schnell an Grenzen stoßen und dass strukturierte Vorbereitung wichtig bleibt.

Der Welt-Anaphylaxie-Tag, der 2024 erstmals von der Europäischen Akademie für Allergologie und Klinische Immunologie ausgerufen wurde, soll die Themen Prävention und Notfallkompetenz stärker in den Vordergrund rücken. Für Anbieter von Erste-Hilfe-Kursen bedeutet er auch, dass die Notwendigkeit niedrigschwelliger Schulungsformate für Laien weiter wächst. Die aktuellen Umfragewerte deuten darauf hin, dass trotz breiterer medialer Präsenz allergischer Erkrankungen grundlegende Kenntnisse nicht selbstverständlich sind. Fachleute sehen daher Aufklärung als entscheidenden Baustein, um im Ernstfall wertvolle Minuten zu gewinnen und Komplikationen zu vermeiden.

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