Startschuss für die Reform der Notfallversorgung
(Bild: aromir Chalabala/Shutterstock)Berlin (lse) – Vergangene Woche hat das Bundesgesundheitsministerium einen Gesetzentwurf zur Reform der Notfallversorgung in Deutschland zur Ressortabstimmung an die anderen Ministerien verschickt. Im Entwurf werden auch Veränderungen angeregt, die den Rettungsdienst und die Rolle der Leitstellen betreffen. Ziel ist es, Patientenströme besser zu leiten und dadurch sowohl die Notaufnahmen der Kliniken als auch den Rettungsdienst zu entlasten.
Steiger-Stiftung: Entwurf bleibt hinter den Erwartungen
Die Björn-Steiger-Stiftung weist darauf hin, dass der neue Referentenentwurf in weiten Teilen zentralen Forderungen der Stiftung entspreche, aber auch markante Lücken aufweise. Besonders positiv sei, dass die medizinische Notfallrettung erstmals als eigenständiger Leistungsbereich der gesetzlichen Krankenversicherung verankert werde. Gleichzeitig bleibe der Entwurf aber in einigen Punkten hinter den Erwartungen zurück – „insbesondere hinsichtlich der Leitstellenstruktur, der bundesweiten Qualitätssteuerung und der Integration moderner europäischer Kommunikationsstandards“, heißt es in einer Stellungnahme der Steiger-Stiftung.
Konkret werden eine fortbestehende zweigleisige Leitstellenstruktur (116117 vs. 112), eine fehlende bundesweite Steuerung und Qualitätsaufsicht, eine unzureichende Regelung zur Leitstellenqualität und technische Lücken bemängelt. Positiv hebt die Björn-Steiger-Stiftung hingegen die Anerkennung der Notfallrettung als eigene medizinische Leistung (nach Sozialgesetzbuch V), eine standardisierte digitale Notrufabfrage, eine engere Vernetzung von Rettungs- und Akutleitstellen, Ersthelfer-Apps, Telemedizin und aufsuchende Versorgung sowie integrierte Notfallzentren hervor, wie sie im Gesetzentwurf angestrebt werden.
VDEK: Länder nicht aus Finanzverantwortung entlassen
Positive Resonanz zum Entwurf aus dem Bundesgesundheitsministerium kam vom Verband der Ersatzkassen (VDEK). „Es ist eine gute Nachricht, dass die Bundesgesundheitsministerin die schon längst überfällige Reform der Notfallversorgung und des Rettungsdienstes nun gesetzlich auf den Weg bringt“, sagte Boris von Maydell, Vertreter des Vorstandes des Verbandes. „Der nun bekannt gewordene Entwurf greift viele Vorschläge der Ersatzkassengemeinschaft aus den vergangenen Jahren auf. Wir stimmen den Plänen der Ministerin daher in den wesentlichen Punkten zu.“
Die Verankerung der Notfallrettung als Sachleistung im SGB V befürwortet der VDEK. Allerdings dürften dies nicht dazu führen, dass die Länder aus ihrer Finanzverantwortung entlassen würden, heißt es in einer Mitteilung der Ersatzkassen. „Der Rettungsdienst ist eine öffentliche Aufgabe der Gefahrenabwehr und Daseinsfürsorge. Folglich müssen auch die Länder die Kosten der Bereitstellung der Rettungsdienste übernehmen, unter anderem die Investitionskosten“, fordert von Maydell. „Zudem müssen die Strukturen des Rettungsdienstes angepasst werden, insbesondere durch eine Reduzierung der Anzahl der Leitstellen.”
AOK: Umfrageergebnisse legen Missstände offen
Die AOK verwies in Zusammenhang mit den Reformplänen auf die Ergebnisse einer kürzlich von ihr in Auftrag gegebenen Umfrage zur Primärversorgung. Dabei kam heraus, dass sich die Orientierungslosigkeit und fehlende Steuerung von Patienten vor allem an Wochenenden bzw. außerhalb der Praxis-Sprechzeiten negativ auswirke. So hätten fünf Prozent der Befragten angegeben, bei medizinischen Problemen wie akutem Harnwegsinfekt oder hohem Fieber in den genannten Zeiten die Notrufnummer 112 zu wählen.
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