Pilzvergiftungen: Gefahr erkennen und richtig handeln

(Bild: PHOTOGRAPHY IS ON/Shutterstock)Köln (lse) – Pilzvergiftungen (Myzetismen) stellen im Rettungsdienst eine besondere Herausforderung dar, weil klinischer Verlauf, Diagnostik und Therapie stark von Latenzzeit und Pilzgattung abhängen. Bei einer kurzen Latenzzeit von weniger als sechs Stunden sind meist mildere gastrointestinale Syndrome zu erwarten, wohingegen eine längere Latenz von sechs bis über 24 Stunden auf hochtoxische Gifte hindeutet – allen voran die Amatoxine der Knollenblätterpilze.


Pilzvergiftungen vor allem im Spätsommer und Herbst

Jedes Jahr kommt es in Deutschland gehäuft zu Pilzvergiftungsfällen mit starker saisonaler Schwankung. Besonders in den Spätsommer- und Herbstmonaten steigt die Anzahl der Verdachtsfälle deutlich. Der Grüne Knollenblätterpilz (Amanita phalloides) ist laut einer Mitteilung der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) für rund 90 Prozent aller tödlich verlaufenden Pilzvergiftungen verantwortlich. Der Giftstoff Amatoxin ist besonders tückisch, weil er vom menschlichen Organismus problemlos aufgenommen wird und auch durch Kochen nicht unschädlich wird.

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Folgen einer Amatoxin-Vergiftung

Typischerweise gliedert sich eine Amatoxin-Vergiftung in eine gastrointestinale Phase mit Übelkeit, Erbrechen und Durchfall nach sechs bis zwölf Stunden, eine scheinbare Erholungsphase und schließlich Nierenschädigung mit Ikterus und hepatischer Enzephalopathie. Ohne Therapie verläuft die Intoxikation innerhalb weniger Tage vielfach tödlich.

Gefahren durch Doppelgänger

Aber nicht jede Magen-Darm-Symptomatik nach Pilzverzehr ist auf Amatoxin zurückzuführen. Entscheidendes Unterscheidungsmerkmal ist die Latenzzeit: Je länger sie ist, desto höher ist der Verdacht auf eine gefährliche Pilzgattung.
Besonders risikoreich ist die Verwechslung von Speisepilzen mit giftigen Doppelgängern. Das Giftinformationszentrum-Nord warnt ausdrücklich davor, sich auf Apps, Hausmittel oder vermeintlich bewährte Merksätze (Silberlöffel, Zwiebelverfärbung) zu verlassen. Sie seien keine verlässliche Hilfe, warnt das GIZ-Nord in Göttingen.

Giftinformationszentrale unterstützt Rettungsdienst

(Bild: 24K-Production/Shutterstock)Besteht der Verdacht auf eine Pilzvergiftung, sollte der Rettungsdienst mit der zuständigen Giftinformationszentrale Kontakt aufnehmen. Das GIZ-Nord beispielsweise ist 24/7 unter der Telefonnummer 0551/19240 erreichbar. Das GIZ-Nord und die anderen Zentralen stehen Rettungskräften mit Beratung für Diagnostik, Therapieempfehlungen und probentechnischer Begleitung zur Seite.

Für den Rettungsdienst gilt darüber hinaus: Sicherung der Vitalfunktionen, Volumentherapie sowie frühzeitige Verlegung in eine geeignete Klinik. Möglichst alle Pilzreste, Putzabfälle oder Erbrochenes in die Klinik mitnehmen. Die Gabe von Aktivkohle kann sinnvoll sein, sofern sie innerhalb kurzer Zeit nach Verzehr der Pilze erfolgt.

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